Mittwoch, 29. Oktober 2008

Barbecue mit Professor Bahau

Nach 13 Jahren munteren Schulbankdrückens und 7 Semestern an der Uni hat man den ein oder anderen Lehrer und Professor kennengelernt. Doch so einen wie Simon Bahau, unseren Management Professor hier in Oita, trifft man nur einmal. Er kommt aus Papua-Neuguinea, dem Inselstaat nördlich von Australien, in dem über 750 verschiedenen Sprachen gesprochen werden und noch heute viele Eingeborene abgeschottet von der modernen Welt in den Urwäldern leben. Weil es aber im Urwald nur so von Schlangen und Spinnen wimmelt, hat sich Simon Bahau schon in jungen Jahren auf den Weg nach Nihon gemacht, um dort zunächst die volle Breitseite japanischer Verschlossenheit zu spüren. Denn zu dieser Zeit lag der Ausländeranteil hierzulande bei unter einem Prozent und moderne Kommunikationsmittel wie das Internet waren noch nicht existent. Daher wussten die Japaner nicht so recht mit den "Gaijins" (Fremden) umzugehen und oftmals war die Angst größer als die Neugier. Bahau Sensei (so nennt man hier einen Lehrer/Professor) berichtete uns davon, wie er sich zu Beginn seines Studentendaseins für einen Platz im Wohnheim bewarb, letztlich aber abgelehnt wurde, weil man befürchtete, seine japanischen Mitbewohner könnten durch sein womöglich andersartiges Verhalten eingeschüchtert werden.
Seinem Einsatz u.a. ist es zu verdanken, dass damals der Grundstein für ein Austauschprogramm an der Oita University gelegt wurden und mittlerweile Studenten aus aller Welt herzlich empfangen werden - doch nicht so herzlich wie Simon Bahau uns in der ersten Management-Vorlesung empfing. Während andere Professoren bemüht sind, die Distanz und Autorität zu wahren, kam Simon sofort interessiert auf uns zu, begrüßte uns mit doppeltem Händedruck und ließ locker-lässig den Kumpeltyp raushängen. Nach einigen Wochen lud er uns nach Beppu (die Nachbarstadt mit den heißen Quellen) zu einem Barbecue am Meer ein - eine Einladung, die wir nicht ausschlagen konnten.
So bestiegen an einem sonnigen Samstagnachmittag 10 International Students den Zug Richtung Beppu, wo sie an einem kleinen Dorfbahnhof von ihrem Professor abgeholt wurden.



Die Meute v.l.: Michael, Zhong Yang (China), Furido (mein japanischer Name), Keisey (USA), Professor Bahau, Inga, Molly (China), Maria (Schweden), Marc und Seth (USA).

Es fehlt: Pascal (danke für das Bild!)


Unterwegs galt es, die ein oder andere Hürde...

...zu meistern...


...bis wir schließlich unser Ziel, diese urige Fischerhütte am Hafen, erreichten.



Bevor der Grill angeworfen wurde, blieb noch ein wenig Zeit, die der eine Teil der Gruppe zum spontanen Salsakurs nutzte,



während wir anderen vergeblich versuchten, lebendigen Grillbelag aus dem Wasser zu fischen. Die Meeresbewohner haben sich gefreut und Poseidon bedankte sich mit einem zauberhaften Sonnenuntergang.





Zum Glück hatte der Hausherr unsere Angelkünste richtig eingeschätzt und für reichlich Rohkost vorgesorgt.
Neben Shrimps, Tintenfisch und Meeresfrüchten gab es zu Ingas Freude auch gewohnt Westliches wie Würstchen, Hähnchenschenkel und allerlei Gemüse, u.a. Kürbis - mmhhh.



So sah das Ganze auf dem Grill aus:



und so, als es verzehrfertig war:

Molly mit dem, was von Flipper übrig geblieben ist ;-)


Tintenfisch gehört inzwischen zu meinen Favoriten auf der Speisekarte - kein Vergleich zu den fettigen Calamares, die es in Deutschland auf jeder Kirmes gibt.

Zhongs Blick verrät Futterneid,

doch am Ende zappelt das Vieh in seinem Mund.


Als sich die Fisch- und Fleischvorräte dem Ende neigten und wir nur noch ein mühsames Onaka ippai (Magen voll) rausbrachten, kam der Bootshausbesitzer mit einer Flasche Schnaps und fragte, wer von uns der standfesteste Trinker sei. Die Wahl fiel nicht schwer und nach kurzer Zeit hatte Marc ein volles Pinnchen in der Hand. Als er gerade zum Exen ansetzte, fing der alte Mann an, wild zu gestikulieren und Marc verstand, dass er nur einen kleinen Schluck nehmen sollte. Zu dem Zeitpunkt hatte er allerdings schon das halbe Pinnchen geleert und sah für kurze Zeit ein wenig benommen aus. Denn was wir bis dahin nicht wussten: Es handelte sich um 92%igen Alkohol, der einem ordentlich die Schuhe auszog. Dank Marc waren wir vorgewarnt und beließen es beim anschließenden Pinnchenkreisen bei kleinen Schlücken. Nur unser Prof zog sich geschickt aus der Affäre und blieb bei alkoholfreien Drinks. Ob er wohl wusste, wie scheußlich das Zeug schmeckt?

Professor Bahau hatte alles im Griff, auch als der Tisch beinahe Feuer fing:




Zum Nachtisch gab es Marshmallows, die an langen Stäben "weichgegrillt" wurden und besonders beim jüngeren Publikum Anklang fanden.



Gegen halb 10 verabschiedeten wir uns von Jung und Alt und wollten uns zu Fuß auf den Weg zum Bahnhof machen. Doch der Professor und ein Freund bestanden darauf, uns mit dem Auto zu bringen - wohl auch besser so, denn nach dem Schnaps wäre die 1,70m hohe Unterführung zum echten Hindernis geworden. Also quetschten wir uns mit insgesamt 12 Mann in einen Minibus und bekamen einen Vorgeschmack, wie es wohl bei unserem bevorstehenden Tokio-Trip in der U-Bahn zugehen muss.

Japanischer Platzmangel hautnah miterlebt


Wieder zurück in Oita, marschierte der Großteil von uns direkt Richtung Innenstadt, wo die anderen Internationals bereits warteten. Adam aus San Franciso, der Älteste hier im International House, ist lange Zeit als DJ durch Europas Clubs getourt und legte an diesem Abend im P.E.I. Pub auf (die Bar, vor der sich nachts dicke Japaner in Plüschkostümen aufhalten). Fotos existieren (glücklicherweise) nicht, aber es wurde noch ein langer Abend. Kanpai (Prost)!

Donnerstag, 23. Oktober 2008

Oita - USA in einer Stunde...

...und zwar mit dem Bus - allerdings nicht in die USA, sondern nach Usa, einen geschichtsträchtigen Ort im Norden von Kyushu. Geschichtsträchtig deshalb, weil sich dort mit dem Usa Schrein einer der ältesten und eindrucksvollsten Schreine des Shintoismus befindet. Aber halt! Shintoismus? Was war das noch gleich? Und was ist mit dem Buddhismus? Den gibt es in Japan doch auch! Für viele Ausländer wirkt das hiesige Glaubenssystem verwirrend. In Deutschland und in vielen anderen Ländern der Welt, in denen mehrere Religionen nebeneinander bestehen, wird nach Prozenten aufgeschlüsselt: 44% Evangeliken, 40% Katholiken, 2% ... usw. In Japan erbrächte eine derartige Umfrage eine statistische Summe von 180%. Hier ist die Religionszugehörigkeit keine Frage des Entweder-oder, sondern des Sowohl-als-auch. Der Großteil der Bevölkerung gehört sowohl dem Shintoismus als auch dem Buddhismus an. Shinto Glaubensstätten sind Schreine, während die Tempel für den Buddhismus stehen. Soviel zum japanischen Religions-Einmaleins.

Organisiert wurde der Trip von der Uni und so kam es, dass alle 'Internationals' samt Tutoren am frühen Samstagmorgen pünktlich den Bus bestiegen und ... erst einmal weiterschliefen. Denn der Abend zuvor fiel etwas länger als geplant aus.

Ein kurzer Rückblick:

Wir Deutschen hatten uns in Schale geworfen, um Michaels Tutorin Nozomi zu besuchen, die an diesem Abend die Gäste in einer gehobenen Piano-Bar unterhielt.


Nozomi am Piano


Eigentlich wollten wir nur für ein paar Drinks vorbeischauen und uns danach wieder auf den Heimweg begeben, doch die Getränkepreise machten uns einen Strich durch die Rechnung. Denn in dieser Bar, in der es neben gewöhnlichen Eiswürfeln auch handgeschliffene Eiskugeln gab, kostete ein Cocktail mehr als ein ausgiebiges Menü in unserem Lieblings-Sushirestaurant.


Barkeeper beim Eiskugelpolieren


Bei 'Italia Prosciutto' dachte der hungrige Marc wie wir an eine knusprige, italienische Schinkenpizza (was auch preistechnisch gepasst hätte). Leider hatte der 'Pizzabäcker' Teig und Käse vergessen und es blieb bei einem Appetizer und anhaltendem Magenknurren.


Nach nur einem Drink verabschiedeten wir uns etwas früher als geplant von Nozomi und machten uns auf die Suche nach einer studententauglicheren Lokalität. Die fanden wir mit dem "P.E.I. Pub" (einer kanadischen Bar) recht schnell und trafen dort einige der anderen Austauschstudis.


Nachdem wir in der Piano-Bar eine Stunde an unserem Luxus-Cocktail genippt hatten, war es höchste Zeit, den Durst mit einem Bierchen zu bekämpfen.


Dabei fanden sich schnell einheimische Mitstreiter.


Beim Trinken vergessen die Japaner ihre strengen Prinzipien und wirken wie ausgewechselt. Es kann schnell passieren, dass sich der sonst so autoritäre Chef mit seinen Mitarbeitern in den Armen liegt und schmutzige Witze erzählt werden. Am nächsten Morgen bei der Arbeit wird jedoch kein Wort darüber verloren und die alte Hierarchie ist wieder hergestellt, denn "what happens in Vegas stays in Vegas" und muss vom Berufsleben strikt getrennt werden.
Das liegt daran, dass die Japaner sehr auf ihr 'öffentliches Selbst' bedacht sind. Ob am Arbeitsplatz, beim Einkaufen oder beim Spaziergang im Park - wichtig ist, dass die persönliche Fassade glänzt. Deswegen sind die Männlein und Weiblein hierzulande durch die Bank top gekleidet und befolgen in allen Lebenslagen die japanische Etikette - nicht wie in Essen Borbeck, wo Mutta vor der Sportschau noch eben schnell mit Trainingsanzug und Adiletten rübba zu Inges Grillstation schlürft, um noch wat Bier und 2x Pommes Schranke zu hol'n.
Sobald sich der Japaner nicht mehr in der Öffentlichkeit sieht - sei es im engeren Familienkreis oder wie erwähnt mit Arbeitskollegen und drei geleerten Sakeflaschen im Pub - kann er sich entspannt in seinem 'privaten Selbst' gehen lassen und wie die Jungs auf dem folgenden Foto im Borbeck-Style morgens um 3 vor 'ner Imbissbude rumlungern.

Heute im Trainingsanzug, morgen wieder mit Hemd im Büro (oder auf der Baustelle?)


Aber zurück zum Trip! Nach einer kurzen Nacht ging es mit zwei Bussen zunächst Richtung Usa, um den besagten Usa Schrein zu erkunden.

Mit roten Augen und Bierfahne zogen wir uns inkognito in die letzte Reihe zurück, waren dafür bei der Ankunft umso ausgeruhter...



...konnten uns ohne Sonnenbrillen ins Freie wagen...


...und uns mit unserem Tourguide 'messen'.


Solche Tore sind das Wahrzeichen eines jeden Shinto Schreins.


Auf dem Weg zum Hauptschrein wurde es mitunter etwas eng.


Aber der Aufstieg lohnte sich.


Hier hängen tausende von Papierzetteln mit zukunftsweisenden Ratschlägen (ähnlich wie die Zettel in chinesischen Glückskeksen), die man für 100 Yen (etwa 80 Cent) kaufen kann.


An dieser Tafel werden persönliche Wünsche und Gebete aufgehängt. Die meisten davon stammen von Schülern, die sich vor wichtigen Prüfungen die nötige Unterstützung von oben sichern wollen.


Eines der vielen Gebete nach einer erfolgreichen Uniaufnahmeprüfung, der schwersten Hürde eines jeden Schülerlebens


Der nächste Punkt auf dem Tagesprogramm war das Mittagessen - 100 hungrige Studenten mussten schließlich die rausgewanderte Energie wieder zu sich nehmen (ganz zu schweigen von denen, die aufgrund des vorigen Abends nicht gefrühstückt hatten). Es ging mit dem Bus in ein uraltes Dörfchen, wo in einem Gasthaus eine gedeckte Tafel auf uns wartete.


Auch hier galt: Vor Betreten Schuhe aus!


Und hinein in die trendigen Slipper!


Gespeist wurde traditionell japanisch kniend auf Tatami Matten. Die etwas Längeren unter uns hielten es in dieser Stellung keine zwei Minuten aus und führten das Hitzfeldsche Rotationssystem beim Essen ein. Abgesehen von Krampferscheinungen und Rückenschmerzen war es ein gelungenes "eat together". Ach ja, es gab Reis, Miso Suppe mit Tofu und Gemüse, frittierten Tintenfisch, eine geleeartige Masse mit unbekannten Früchten und reichlich blasenanregenden grünen Tee.


So sieht die vorgeschriebene 'Sitzposition' aus, bei der einem schnell die Beine absterben. Bei traditionellen Teezermonien verharrt man über mehrere Stunden in dieser Lage. Dann doch lieber ein schnelles Bier an der Theke!


Wohl gestärkt ging es nun auf eine Mandarinenplantage, auf der wir unseren Nachtisch selbst pflücken durften.




Gegessen wurden so viele Mandarinen wie in einer Stunde reingingen (einige sind an die 10 Stück gekommen). Die Übrigen konnten für etwa 1,50 Euro pro Kg mit nach Hause genommen werden und somit der Vitaminbedarf für den restlichen Oktober gedeckt werden.


Zwischen vielen Sträuchern war kein Durchkommen, weil sich diese niedlichen, ungefährlichen Spinnen mit ihren riesigen Netzen breit gemacht hatten.


Von den Spinnen in den Sträuchern wusste Inga noch nichts, als sie sich für dieses Foto mutig ins Gestrüpp begab. Aber seit dem Tintenfisch beim Mittagessen kann sie so schnell eh nichts mehr einschüchtern.


Während der Rückfahrt im Bus wurde zur allgemeinen Belustigung noch eine Runde Bingo gespielt. Das ist das Spiel, bei dem derjenige gewinnt, der mit den vorgelesenen Zahlen als Erstes eine komplette Reihe auf seiner Bingokarte voll hat. Die ersten 3 Preise waren allesamt alkoholischer Natur (Sake, Shōchū etc.) und ... gingen in die letzte Reihe. Das Glück ist mit den Doofen! Kanpai! (jap. für Prost!)

Mittwoch, 15. Oktober 2008

Okinawa - Hawaii auf japanisch

Nach der Regenschlacht von Miyazaki und einer anstrengenden 2-Tage-Woche in der Uni waren Inga, Pascal und ich reif für die Insel und machten uns am frühen Donnerstag Morgen mit Badehose und Sonnencreme im Gepäck auf den Weg nach Okinawa, der südlichsten Präfektur Japans. Sie besteht aus über hundert zum Teil winzigen Inseln, die sich auf einer Strecke von über 1.000 Kilometern zwischen dem japanischen Festland und Taiwan im Pazifik erstrecken. Für uns ging es mit dem Flieger auf die größte und am dichtesten besiedelte Insel, die denselben Namen trägt wie die Präfektur: Okinawa.


Aus der Luft konnten wir einige der kleineren Inseln bestaunen.



Blauer Himmel und Sonnenschein kurz nach der Landung



Die Insel ist relativ groß (vergleichbar etwa mit Fuerteventura) und mit knapp 1,3 Millionen Einwohnern recht dicht besiedelt, wobei sich das Stadtleben im Süden der Insel abspielt. Die meisten der Bewohner sind Nachkommen der Ureinwohner Okinawas, die für ihre Langlebigkeit bekannt sind - oft wird Okinawa als Insel der Hundertjährigen bezeichnet. Man sagt, dass die ausgewogene Ernährung - wenig Fleisch und Salz, viel Obst und Gemüse aus dem Garten, Algen und Seetang aus dem Meer und ab und an ein Gläschen Sake - der Grund für die vielen !gesunden! alten Menschen sei.

Doch so idyllisch und harmonisch sich das Inselparadies (außerhalb der Städte) heute präsentiert, so finster ist seine Vergangenheit. Denn Ende des 2. Weltkriegs fand dort mit dem Battle of Okinawa eine grausame Schlacht statt, bei der 100.000 japanische und 50.000 amerikanische Soldaten, sowie Hunderttausende Zivilisten ums Leben kamen bzw. Selbstmord begingen. Die Insel sollte den Alliierten als strategisches Sprungbrett für den geplanten Einmarsch auf das japanische Festland dienen, welcher jedoch aufgrund der Atombenabwürfe von Hiroshima und Nagasaki nie stattfinden sollte.
Okinawa blieb daraufhin bis 1972 von den Amerikanern besetzt und ist noch heute durchzogen von US Militärbasen. Grund dafür ist die wohl eher wirtschaftlich-motivierte Duldung seitens der Japaner, denn ohne die kaufkräftigen 30.000 GIs mitsamt ihren Familien wäre es um die touristenarme Insel finanziell nicht so gut bestellt. Den Amerikanern ist es auch zu verdanken, dass alle Straßenschilder zusätzlich auf Englisch beschriftet sind und die größeren Städte wie Nara und Okinawa-City mit ihren Fast-Food-Ketten, Nachtclubs und Graffiti überhaupt nicht ins japanische Bild passen. Den jungen Soldaten kommt das recht gelegen. Denn die halten sich lieber in ihrer amerikanisierten Umgebung auf anstatt Kontakt zu den Einheimischen zu suchen. Wir haben ein paar junge Marines getroffen, die seit fünf Jahren dort stationiert sind und noch immer kein einziges Wort japanisch sprachen. Die standen wie Falschgeld an der Bushaltestelle und wussten weder, welche Linie in ihre Richtung fährt, noch wie sie irgendwelche Informationen erfragen können. Da macht man sich so seine Gedanken über das amerikanische Militärsystem. Wie fing noch gleich die Nationalhymne an? O say, can you see, our brains filled with brie... oder so ähnlich. Vielleicht weht unter Obama ein neuer Wind und es werden ein paar Sprach- und Integrationskurse in das stupide Trainingsprogramm eingebaut.

Glücklicherweise mussten wir nicht in einem der überteuerten amerikanischen Hotels unterkommen, denn Risako, eine Japanerin, die wir während unseres Sprachkurses in Bochum kennengelernt hatten, war so lieb, sich im Vorfeld für uns um eine stilechte Okinawa-Unterkunft zu kümmern. So ging es zunächst mit dem Bus Richtung Inselmitte, wo eine urige Hütte mit unglaublich netten Besitzern auf uns wartete.



Der Eingang - nichts für Allergiker



Unsere Terasse...



... und das dazugehörige Frühstück



Unsere "Gasteltern"



Wettertechnisch blieb übrigens alles beim Alten, d.h. der anfängliche Sonnenschein wurde von Gewitterwolken und Regenschauern ersetzt - dieses Mal zum Glück nur von kurzer Dauer. Als es wieder einigermaßen trocken war, entschieden wir uns, den südlichen Teil der Insel per Fahrrad zu erkunden. Tolle Idee - mit quietschenden Drahteseln in Kindergröße und einem Höhenprofil wie im Sauerland! So wurde der erste Tag zur schweißtreibenden (Kul)tour, die uns um einige Erfahrungen reicher machen und zum 'Busplanlesenlernen' motivierten sollte.



Wer kann sich noch an die Sat1-Spielshow mit dem Zonk erinnern? "Tor 1 wäre der Hauptgewinn gewesen - schade, schade! Hier ist ihr Preis: Ein nnnnniegelnagelneues Hollandfahrrad mit verstellbarem Damensattel, Leichtmetallklingel und Glitzerschutzblech." Coolheitsfaktor -15!


Auf dem Berg angekommen, bekamen wir eines der ältesten noch erhaltenen 'Okinawa-style Houses' zu Gesicht. Hier haben die Ureinwohner Schweine und Hühner gehalten und unterschiedliches Handwerk betrieben. Charakteristisch sind die massiven Dachpfannen, die das Haus gegen Taifune absichern sollen.


Auf dem Weg ins 'American Village' kamen wir an einigen Militärstützpunkten vorbei, die wie hier mit Sportanlagen und zum Teil hauseigenen Cheerleadern ausgestattet sind. Kein Wunder, dass die Jungs das Gelände so gut wie nie verlassen.


Im American Village erinnert so gut wie nichts an Japan. Hier gibt es Hamburger, Hot Dogs und Popcorn...


... und Klamottenläden, die von lautstarkem Gangster-Rap beschallt wurden! Ganz so "gangster" ließen wir es aber nicht angehen - das hätte sich nicht mit unserem Klapprad-Image vertragen. Das Abendessen hingegen schon eher, denn das haben wir günstig im Supermarkt erstanden und auf der Straße verzehrt:

Das Bier linderte die Poschmerzen, die uns die Damensättel bescherten, und machte Mut für den Anstieg zurück Richtung Unterkunft.


Dort angekommen, fielen wir erschöpft in unsere Betten (naja, nennen wir es Futon-Lager) und malten uns in Gedanken den Strand vom nächsten Tag aus.




Nach einem reichhaltigen Rührei&Speck-Frühstück mit Bananen ging es mit dem Bus in eine der weniger besiedelten Ecken der Insel. Nach 90min Fahrt (davon das letzte Stück zusammen mit uralten Einheimischen in einem klapprigen Minibus auf engsten Wegen) hatten wir es geschafft: Sonne, Strand und mehr!


Dieser Bus schien für die Einwohner die einzige Möglichkeit zu sein, zum Einkaufen in die Stadt zu kommen. Für uns war es der einzige Weg, der Stadt zu entkommen und einen entlegenen Strand zu finden.


Die Busfahrt führte über viele Brücken und Hügel, die eine schöne Aussicht aufs Meer boten.



Da waren wir nun und hatten den Strand fast für uns allein. Hier gibt Pascal den Startschuss zur Muschelsuche.



Ein wenig bewölkt zwar...


... aber dafür umso wärmer im und außerhalb des Wassers.


Bei der Muschelsuche stellten wir fest, dass wir doch nicht die Einzigen am Strand waren.
Aber auch in Gesellschaft ließ es sich aushalten und so erlebten wir einen erholsamen Tag am Meer.


Am nächsten Morgen sorgte Inga für einen Lacher, bei dem uns fast das Rührei durch die Nase gekommen wäre. Zum besseren Verständnis vorweg: Wir hatten alle fleißig Muscheln gesammelt und diese in leeren Kekspackungen und Tüten in unserem Zimmer verstaut. Beim Frühstück sagte Inga dann, dass es 'die ganze Nacht in ihrer Muscheltüte geraschelt hätte und ob Pascal nicht später mal nachschauen könne'. Zu deiner Beruhigung, Hannes, bei Inga war alles in Ordnung; nur in ihrer 'Plastik-Muscheltüte' raschelte es und wir fanden nach kurzer Suche einen kleinen Einsiedlerkrebs :-)

Ansonsten galt das Motto 'Neuer Tag, neuer Strand, gewohnter Ablauf'. Dieses Mal ging es (wieder mit dem Bus) in eine belebtere Ecke der Insel - von Strandtourismus dennoch keine Spur! Die Japaner scheuen die Sonne, denn weiß gilt hierzulande als Schönheitsideal. Das erklärt auch die vielen "Regenschirme", die bei strahlendem Sonnenschein spazieren getragen werden.


An diesem Tag präsentierte sich der Himmel von seiner schönsten Seite.



Nach der Busfahrt trennte uns noch ein 30minütiger Fußmarsch vom Strand.



Unten angekommen, fiel uns diese Kirche auf, ...


in der allein an diesem Tag ein halbes Dutzend Paare getraut wurden.




Leider waren die wenigen Sandstrände kommerziell betrieben und nicht nach unserem Geschmack; so kamen wir aber noch zu einer Wanderung entlang des Korallenriffs...



und konnten später einen schönen Sonnenuntergang am Meer genießen.



Am letzten Tag vor unserer Rückreise haben wir uns zunächst aufgeteilt. Pascal, der mittlerweile brauner war als die Eingeborenen und genug von der Sonne hatte, wollte den geschichtsträchtigen Ereignissen der Insel etwas näher auf den Grund gehen und besuchte den Cornerstone of Peace, eine Gedenkstätte an die Schlacht von Okinawa.


Cornerstone of Peace - auf diesen Gedenktafeln wird der Opfer des Battle of Okinawa gedacht.


Hier bekommt man einen Eindruck von der unglaublichen Anzahl der Gefallenen.


Inga und ich sind indes mit der Fähre zu den Kerama Islands geschippert, eine Inselgruppe, die 30Km entfernt von der Hauptstadt Naha liegt und wegen ihrer Korallenriffe und dem klaren Wasser ein beliebtes Ziel für Taucher und Schnorchler ist.

Auf der Fähre kamen wir an einigen der kleineren unbewohnten Inseln vorbei, von denen es Hunderte gibt.



Kilometerlange Sandstrände und weit und breit kein Mensch in Sicht



Kokosnüsse gab es auf den Palmen nicht, aber...



ihr Schatten bot ein wenig Abkühlung, denn in der Sonne war es unerträglich warm.



Aber wer will sich bei so einem Blick über die Hitze beschweren?






Wieder auf der Hauptinsel angekommen, konnten wir noch ein paar kulturelle Eindrücke sammeln, denn Pascal hatte in der Zwischenzeit ein traditionelles Fest ausfindig gemacht, bei dem sich die halbe Insel versammelt zu haben schien.


Den genauen Hintergrund des Festes konnten wir nicht in Erfahrung bringen, fest steht nur: es wurde viel gefeiert und getrunken (was sogar die amerikanischen Soldaten aus ihren Löchern lockte), verzierte Baumstämme in die Luft gestemmt und den Höhepunkt, nämlich das Tauziehen zweier Städte, hatten wir verpasst.


Hier wurde das mehrere Hundert Meter lange Seil weggeräumt, an dem zuvor noch unzählige Bewohner im Wettstreit gegeneinander gezogen hatten. Anschließend schnitten sich die Festbesucher kleine Stücke des Seils ab, die zu Hause vor dir Tür gehängt wurden und Glück bringen sollen. Wir haben unseren 'Gasteltern' auch ein paar Miniseile mitgebracht - auf dass die nächsten Bananenernten genauso ertragreich ausfallen.




Ach ja, bei all den traumhaften Sandstränden und Festivitäten sollen die kleinen Dinge natürlich nicht zu kurz kommen, also der Vollständigkeit halber noch ein paar Bilder aus einem echten chinesischen Garten, in dem wir unser Abendessen zu uns genommen haben.




Am nächsten Tag hieß es Sayonara, Okinawa und bei unserer Ankunft in Oita kamen uns die 23 Grad am Abend zum ersten Mal unangenehm frisch vor.